Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland.

Hrsg.: Benjamin Derin, Jochen Goerdeler, Rolf Gössner u.a.,
Fischer Taschenbuchverlag 2021

Als Teil einer zivilrechtlichen Öffentlichkeit dokumentiert der Grundrechte-Report seit 1997 jährlich den Umgang mit Bürger- und Menschenrechten in Deutschland. Kritisch analysiert werden staatliche Institutionen, deren Handeln Grundrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gefährden bzw. verletzen. Herausgegeben wird der Grundrechte-Report von zehn Bürgerrechtsorganisationen.

Sein Hauptaugenmerk richtet die 25. Ausgabe des Reports auf die Auswirkungen der Pandemiebekämpfung auf Freiheits- und Gleichheitsrechte. Wie immer geht es jedoch auch um die – z.T. Bereits vergessenen – Themen im Bereich Rassismus, Asyl, Gleichstellung und Überwachung.

Ich möchte 3 Kapitel herausgreifen, die mir besonders wichtig erscheinen:

  1. Immer noch hochaktuell ist das Kapitel zu Artikel 2 II GG: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“. Hier wird insbesondere der mangelnde Schutz vor Corona von Asylsuchenden in Sammelunterkünften angeprangert. Unvergessen – und jetzt gerade wieder in der „4. Coronawelle“ erneut zu befürchten – ist die Zwangsquarantäne kompletter Sammelunterkünfte (in Bayern auch „Ankerzentren“). Abstandsregeln und besondere Hygienestandards bei gemeinschaftlich genutzten Räumen einzuhalten, war und ist unmöglich, so dass Corona-Massenausbrüche unvermeidlich waren. Erst gerichtlich erzwungene Maßnahmen (wie separate Unterbringung in Hotels) durchbrachen diesen Kreislauf. Auch bei der Impfkampagne vergaß man zunächst Asylunterkünfte. In der Öffentlichkeit beförderten Coronazahlen der Sammelunterkünfte rassistische Klischees, vermittelten den Eindruck von Menschen „2. Klasse“.
  2. Interessant zu lesen und erneut zu diskutieren: der „Rassebegriff“ in Artikel 3 Absatz 3 GG. Ausgelöst durch den Tötung von Georg Floyd im Mai 2020 in Minneapolis, wurde auch hier eine z.T. hochkochende Diskussion über den Begriff „Rasse“ geführt, auch eine Grundgesetzänderung war im Gespräch. Sollte diese Diskussion ablenken von strukturellem Rassismus? Warum verweigerte der Bundesinnenminister Seehofer die Durchführung einer Studie insbesondere bei der deutschen Polizei?
  3. Zu Artikel 5 I GG: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten“ greift der Grundrechte-Report den Streit um BDS auf (BDS: Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen). Er kommt zu der Einschätzung, dass die Gleichsetzung von BDS mit Antisemitismus eine kritisch-rationale Analyse erschwert. „Insgesamt hilft es dem dringend erforderlichen Kampf gegen Antisemitismus wenig, wenn Debattenräume mit Bezug zum Nahostkonflikt vorschnell und undifferenziert geschlossen werden“.

Der Grundrechtereport ist im Friedensmuseum einzusehen und kann gerne ausgeliehen werden.

Elke Winter

Grundrechte-Report 2021