Kennen Sie noch die „Reclam-Hefte“, offiziell „Reclams Universalbibliothek“? Seit 1867(!) versucht der Reclam-Verlag damit, „Bildung für alle zum kleinen Preis“ und im Miniformat anzubieten. Mittlerweile gibt es nicht nur die Literaturklassiker in diesem Format, sondern auch notwendiges Basiswissen. Und um Basiswissen handelt es sich bei dem Buch, das ich heute besprechen möchte: „Olaf L.Müller: Atomkrieg – eine Warnung„. Seit seinem „Pazifismus“-Buch ist Professor Müller ein gern gehörter Podcast-Gast, weil er es versteht komplizierte Zusammenhänge allgemeinverständlich und trotzdem präzise darzustellen. Es macht Spaß, ihm zuzuhören – und auch Spaß, ihn zu lesen, trotz des ernsten Themas. Wer nur diffuse Vorstellungen hat, was Atomkrieg heute bedeuten könnte (nämlich keine Neuauflage von „Hiroshima“) sollte das Buch genauso lesen wie diejenigen, die schon seit Jahren Bescheid zu wissen glauben – sie werden eine effektivere Argumentation lernen. Kurz: ich wünsche dem Büchlein (7 Euro) die weitestmögliche Verbreitung!
Nach einem historischen Exkurs über die Entwicklung der Atomwaffen und der Atomwaffenstrategien geht Müller ausführlich auf die heutige Lage ein. Dabei übernimmt er die westliche Lesart des aggressiven russischen Imperiums – und weist nach, dass gerade dann die übliche „mürrische Indifferenz“ wie Münkler sie vorschlägt, brandgefährlich ist. „Wenn allen die Gefahr eines Atomkriegs gleichgültig ist, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass er eintritt.“
Das Buch ist Stanislaw Petrov gewidmet, dem russischen Offizier, der die Welt 1983 vor einer atomaren Eskalation bewahrte, als die Frühwarnsysteme nämlich versagten. Werden wir noch einmal soviel Glück haben?