Arnstein, 1. August.
Die Zeitungen veröffentlichen eine als amtlich bezeichnete Mitteilung des Wolffbureaus*, die als eine Art Bilanz gelten soll. Alles glänzend! Wir haben 431,000 Quadratkilometer, der Feind nur 22, 000. Wir haben 2,658,283 Kriegsgefangene. Es wird uns auch erzählt, wieviel Kanonen, Gewehre und sonstiges Kriegsmaterial wir erbeutet haben.
Welch sonderbare Bilanz, bei der nur die Kreditseite aufgestellt wird und mit keinem Wörtlein des Debets gedacht wird. …

Warum hat man es unterlassen, die andere Seite darzustellen? Der Anlass erschien doch wichtig genug. Zwei Jahre Krieg ist doch ein Ereignis. Wie gross sind unsere Kosten? Wieviel Milliarden wurden für die Führung des Kriegs bereits verausgabt, wieviel ist in diesen zwei Jahren an dem Stillstand von Handel und Wandel verloren gegangen, wieviel wurde vernichtet? Wieviel zukunftsreiche Menschenleben wurden geopfert, wieviele verstümmelt und geblendet, wieviele sind krank gemacht und verseucht worden? Welche moralischen Werte sind verloren gegangen? Vielleicht berechnet einer einmal die Gesamtkosten und sucht festzustellen, welche Summe auf den besetzten Quadratkilometer fällt. Ich glaube, es kommt — wenn man nur das durch Geld zu repräsentierende in Betracht zieht — auf jeden Quadratmeter eine Viertelmillion. Eine etwas teure Art der Gebietserwerbung.
Wenn man schon eine Bilanz macht, sollte man doch diese ernste andere Seite mit in Berechnung ziehen, statt bloss mit dem Schein der Zahlen auf der Kreditseite glänzen zu wollen. …
Man braucht überhaupt keine Bilanz zu machen. Zwei Jahre Krieg sind bereits der offenkundige Bankrott. Hierüber bedarf es keiner Berechnung und keines Beschönigungsversuches. Die Tatsache genügt. …

* Wolffs Telegraphisches Bureau, quasi amtliche deutsche Nachrichtenagentur

Bilanz des Krieges