Die Kaulquappe Nr. 51 - vom 18.2.2012

- die elektronische Zeitung des Friedensmuseums Nürnberg

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Viele Neuigkeiten aus dem Friedensmuseum



Liebe FreundInnen des Friedensmuseums,
Noble Friedensfrauen verändern die Welt! Mit dieser Ausstellung sind wir Anfang Januar gut ins neue Jahr gestartet. In dieser Präsentation würdigen wir nicht nur die aktuellen "Neuen" sondern alle Friedensnobelpreisträgerinnen seit 1905, damals hatte Bertha von Suttner als erste Frau diesen Preis erhalten. Heute und in den nächsten Ausgaben der Kaulquappe wollen wir in einer besonderen Rubrik auf 100 Jahre Friedensbewegung zurückblicken. Lassen Sie sich überraschen - auch was ab April im Friedensmuseum zu sehen ist. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren!

Freitag, 24.2., 16 Uhr Erzählcafé mit Anna Beltinger
Frauen verändern die Welt – zu dieser Erkenntnis scheint auch das Osloer Nobelpreiskomitee gelangt zu sein. Wie sonst lässt sich erklären, dass im letzten Jahr gleich drei Frauen den Friedensnobelpreis verliehen bekamen? In seiner aktuellen Ausstellung zeigt das Friedensmuseum alle Frauen, die bisher mit diesem Preis ausgezeichnet wurden. Auch bei uns gibt es Frauen, die sich gewaltfrei und für mehr Gerechtigkeit und Frieden auf dieser Welt einsetzen. In loser Reihenfolge kommen sie beim Erzählcafé des Friedensmuseums zu Wort und berichten von ihren Erfahrungen. Am 24.2. wird Anna Beltinger zu Gast sein. Ihr jahrzehntelanges, weltumspannendes Friedensengagement reicht von Südafrika bis hin nach Neuendettelsau und Ansbach. Es erwartet uns ein spannender Nachmittag, durch den Chris Mößner (NEFF) führen wird.

Montag, 5.3., 19.30 Uhr "Schulfrei für die Bundeswehr", im eckstein
Die Bundeswehr wirbt um Kinder, auch in Nürnberg! Jugendoffiziere werben mit gutem Gehalt, festem Job, einem kostenlosem Studium. Der eigentliche Inhalt des Soldatenberufs wird verdrängt. Doch die Werbung fürs Militär widerspricht den Prinzipien der UN-Kinderrechtskonvention, denn die darin verbrieften Rechte gelten für alle unter 18-Jährigen. Nürnberger SchülerInnen haben letztes Jahr schon gegen die Militärwerbung an Schulen protestiert, genauso wie engagierte Lehrkräfte. Trotzdem will die Bundeswehr auch heuer wieder in zahlreichen Schulen zu Besuch kommen, wie die uns vorliegenden Listen ausweisen. Wir protestieren gegen diese Militarisierung der Schulen und laden ein: Montag 5. März 19:30 im "eckstein", Burgstraße 1-3.
Unterschiedliche Aspekte beleuchten:
Jonna Schürkes (Politologin, Referentin beim IMI, Tübingen)
Klaus Kabey, (Terre des Hommes, Kinderrechtsorganisation)
Elke Leo (Stadträtin, die Grünen)
Kerem Dykast (Stadtschülersprecher)
Gertraud Steub (Schulleiterin, GEW)

Dienstag, 27.3., 19.30 Uhr Mitgliederversammlung
Alle Jahre wieder findet die Hauptversammlung des Friedensmuseums e.V. statt. Hier werden die Planungen für das nächste Jahr besprochen und ein Rückblick auf die Erfolge und Mißerfolge (?) der Museumarbeit geschaut. Die Versammlung ist öffentlich. Herzliche Einadung auch an Nichtmitglieder! (die natürlich auch dem Verein betreten dürfen!)

"Die Beerdigung des Krieges" läuft auf Hochtouren
Was wäre, wenn das alte Ekel endlich begraben würde? Auf demselben Misthaufen der Geschichte, wo auch die Sklaverei verfault? Der Künstler Frans Masereel hat diese Vision umgesetzt in seinem großen Wandgemälde "L'Enterrement de la Guerre". Wir zeigen eine Kopie davon – und viele viele Original-Holzschnitte des engagierten Künstlers. Zum ersten Mal drucken wir auch ein Plakat zur Ausstellung. Gerne lassen wir Ihnen eines oder mehrere zukommen, um die Werbung noch weiter zu tragen. (Die Vernissage ist am 19. April).

Im Friedensmuseum darf gefeiert werden….
…das dachte sich auch Gerlinde Rupprecht. Und bei den „noblen Friedensfrauen, die die Welt verändern“ fühlte sie sich an ihrem 60.Geburtstag besonders gut aufgehoben. So lud sie ihre Geburtstagsgäste kurzerhand zu einem Sektempfang in das Friedensmuseum ein. Elke Winter stellte das Friedensmuseum vor und führte durch die Ausstellung über die Friedensnobelpreisträgerinnen. Schnell stellte man fest: es gibt viele Gemeinsamkeiten – engagieren sich doch viele der geladenen weibliche Gäste im Frauenverband Courage. „Frauen bewegen die Welt, kämpfen international für eine lebenswerte Zukunft ohne Krieg; eine Umwelt, in der unsere Kinder leben und überleben können! Eine tolle Ausstellung für couragierte Frauen!“ – so das Fazit einer Besucherin. Dem ist nichts hinzuzufügen und wird zur Nachahmung empfohlen.

Lesefutter aktuell: „Mein Leben für Liberia“
Wer kennt schon Liberia? Kleiner Selbsttest: was wissen Sie über Liberia?... Seitdem zwei Liberianerinnen den Friedensnobelpreis verliehen bekamen, bin ich neugierig geworden. Was hat dieses Land und seine Bewohner, auch Ellen Johnson Sirleaf und Leymah Gbowee geprägt?
Lebendige und authentische Antworten gibt die Autobiografie der 73 jährigen, wiedergewählten Präsidentin Liberias Ellen Johnson Sirleaf : „Mein Leben für Liberia“. Es ist auch ein Porträt ihres Landes. Die Ansiedlung befreiter Sklaven aus den USA führte 1822 zur Gründung Liberias – dem Land der Freien. Diese bildeten die Oberschicht des Landes. Die eigentlichen Ureinwohner wurden unterdrückt – eine soziale Spaltung, die auch en Sprengsatz für den fast 160 Jahre späteren Bürgerkrieg bildete. Johnson Sirleaf stammt nicht aus dieser Schicht – eine wichtige Voraussetzung für die spätere Akzeptanz der Mehrheit der Bevölkerung für ihre Präsidentin.
Ellen Johnson Sirleaf schildert in ihrer Autobiografie ihre Wurzeln, ihre ersten behüteten Lebensjahre in berührender, fast poetischer Weise. Sie nimmt die wunderbare, von Wasser und großer Fruchtbarkeit geprägte Landschaft wahr – Ressourcen, die für den Wiederaufbau des Landes heute eine wichtige Rolle spielen. Die Großmutter prophezeit der Mutter, dass aus der Tochter eine große Frau werden sollte. Der Weg dahin führt Ellen Johnson Sirleaf über ihr Wirtschaftsstudium in den USA zu Ämtern bei der Weltbank, und der UNO hin zu politischen Ämtern der liberianischen Regierung. Ein steiniger Weg, der in Liberia durch jahrelangen Bürgerkrieg gekennzeichnet war. Ein schwieriger Weg für eine afrikanische Frau, die sich durch nichts beirren lässt, auch nicht von ihrem gewalttätigen Ehemann . Ihre Hartnäckigkeit und Zielstrebigkeit wird Johnson Sirleaf noch lange brauchen beim Wiederaufbau ihres Landes, in ihrem Leben für Liberia.
Passend zur Ausstellung empfiehlt Ihnen das Friedensmuseums diese Neuanschaffung zur kostenlosen Ausleihe!

Lesefutter: "Gewaltlos gegen Krieg – Lebenserinnerungen eines streitbaren Pazifisten" von Andreas Buro
"Oft wurde gesagt, die Friedensbewegung habe es nicht erreicht, die Atomwaffen abzuschaffen, die Notstandsgesetze zu verhindern oder die Abrüstung durchzusetzen, sie sei also gescheitert. Meine Antwort lautete meist: die Friedensbewegung sei die Organisatorin gesellschaftlicher Massenlernprozesse."
In seiner Autobiografie geht Buro genau auf diese "Massenlernprozesse" ein. Sie liest sich daher wie eine Geschichte der westdeutschen Friedensbewegung mit ihren Stationen IDK, Ostermarsch, Studentenbewegung, Vietnamsolidarität (die bei Buro länger andauerte als bei den meisten), Raketenblockaden und Blocküberwindung, Ablehnung der Interventionskriege und – aktuell – das Monitoring-Projekt weltweiter Konflikte. Denn auch international setzte er sich für Verständigung und Frieden ein, in Georgien wie als offizieller Gast in China. Wer eine "Welle" der Friedensbewegung erlebt hat, wird sich wiederfinden, wird bekannte "AktivistInnen" und leider vergessene Institutionen wiederfinden. Buro analysiert scharf und nüchtern, seine Gewaltfreiheit ist praktisch-vernünftig, nicht philosophisch.
Und doch ist es ein sehr persönliches Buch geworden, Buro (geb.1928) schildert ausführlich seine preussische Kindheit mit Ritterakademie und Kriegseinsatz als 16jähriger, seine erste Liebe wie auch die Liebe im hohen Alter. Ergreifend die Schilderung vom tragischen Tod seiner beiden Ehefrauen. Auch seine 4 Kinder und die Enkelkinder kommen nicht zu kurz. Als Forstmann und Holzforscher hatte er angefangen, hatte eine gut dotierte Industrieposition, bis er sich zum Zweitstudium der Politologie entschied und Professor für internationale Politik in Frankfurt wurde. Und er mischt sich weiterhin ein in die "Massenlernprozesse", sei es als gern gesehener Referent auf Friedenskonferenzen, sei es als Autor von Positionspapieren. Wir wünschen diesem flott und humorvoll geschriebenen Buch viele LeserInnen: Diejenigen, für die ein Zeitabschnitt selbst erlebte (Bewegungs-)Geschichte sind wie diejenigen, die sich erst jetzt mit der Friedensbewegung auseinandersetzen.
-Das Buch ist – wie alle hier besprochenen - ausleihbar in der Bibliothek des Friedensmuseums.

Neue Rubrik in der Kaulquappe: Friedensbewegung vor 100 Jahre
Ja, Sie haben richtig gelesen. Wir möchten ab sofort in der Kaulquappe immer ein „Highlight“ aus dem monatlichen Rundbrief der Friedensbewegung vor 100 Jahren vorstellen. Das war damals die „Friedens-Warte“, und sie wurde herausgegeben von Alfred Fried, eine Kolumne wurde regelmäßig von Bertha von Suttner geschrieben. Da wir zufälligerweise den Jahrgang 1911 zur Verfügung haben, sind es eigentlich 101 Jahre, aber das macht im Grunde nichts aus. Was war damals? Es war die Zeit des Wettrüstens der europäischen Mächte, eine Krise reiht sich an die andere, überall war Rüstung notwendig um angeblich das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Aus dem Leitartikel der Februar-Ausgabe mit dem Titel: „Auf der schiefen Ebene“. Vorab noch ein Hinweis: die „Dreadnoughts“ waren die großen Schlachtschiffe der damaligen Zeit.
„Das Ansteckungsgift des Grosso-Militarismus zu Wasser und zu Lande hat auch die Habsburgische Monarchie erfaßt. Bislang haben in diesem Lande die Lasten des bewaffneten Friedens zwar auch schon schwer die Bevölkerung bedrückt, nun aber soll es im Stil der übrigen großen Militärmächte rasend in die Höhe gehen. Ein Flottenprogramm von vier Dreadnoughts mit dem üblichen Zubehör im Umfange von 312 Millionen Kronen wurde vorgelegt, das mit seiner ersten Rate einschließlich der erhöhten Landheerkosten die direkten Rüstungsausgaben schon in diesem Jahre auf 550 Millionen Kronen bringt. Mehr als eine halbe Milliarde also für ein Land, das für die sozialen Ausgaben im ganzen nur 14 Millionen übrig hat. Mehr als eine halbe Milliarde für ein Land, das noch 36 % Analphabeten besitzt. Dessen Beamte und Lehrer um Erhöhung ihrer Hungergehälter jammern, ... wo es kein Arbeiterversicherungsgesetz gibt, weil der Staat die Kosten, die die Summe eines einzigen Dreadnoughts nicht übersteigen würden, nicht aufzubringen weiß. ...
Die Summen, die jetzt gefordert werden, sind ja nur ein Anfang. Für jeden Sehenden ist es klar, daß sie den Keim weiterer und höherer Ausgaben in sich tragen. ,,Das dicke Ende kommt nach", wie der Berliner sagt. Die vier Dreadnoughts, die jetzt gebaut werden, werden in wenigen Monaten — noch ehe sie vom Stapel laufen — veraltet sein. Man wird neue bauen müssen; und man wird mehr neue bauen müssen. Denn schon kündigt Italien eine erneute und vermehrte Flottenvorlage an. Und in der Delegation hat der Marinekommandant schon verlauten lassen, daß mindestens 16 Dreadnoughts notwendig sein werden ...“
So wird denn der allgemeine Unwille, der in der Bevölkerung vorhanden ist, durch Schlagworte erstickt. Das Märchen von der „Produktivität der Rüstungen" wird zum Ueberdruß wiederholt. ... Rüstungen bringen Arbeit heißt es; Arbeit bringt Geld unter die Leute. Der Einwand eines Studenten eines nationalökonomischen Seminars, daß auch die Erbauung von Irrenhäusern Arbeit erfordert und Geld unter die Leute bringt, so daß man mit demselben Rechte, mit dem man glaubt Schiffskolosse bauen zu müssen, tausend Irrenhäuser errichten könnte, wird nicht als stichhaltig angesehen. Zu dieser Verteidigung gesellen sich noch andere, nur allzu durchsichtige Phrasen. Man müsse „die Meeresstraßen offen halten!" Ja, wer versperrt sie denn? — Man könne nicht zurückbleiben, wenn „alle anderen" rüsten! Ja, was tut man denn, um dieses allgemeine Uebel „aus einem Punkte zu kurieren?"... Gegen alle diese Phrasen ist nicht anzukämpfen. Die Presse bietet nicht den Raum, um sie widerlegen zu können, und die Reden der paar oppositionellen Abgeordneten dringen nicht weit genug. Dennoch würde sich die Bevölkerung bei einem Referendum mit überwiegender Mehrheit gegen die Flotte und die sonstige Vermehrung des Rüstungselends wenden.
Für uns Pazifisten bleibt in solch trauriger Situation nur der einzige Trost, daß jede Verschlimmerung des großen Rüstungselends den Zeitpunkt beschleunigen muß, wo man endlich anfangen wird, die Stimme der Pazifisten zu hören und ihre Lehren zu befolgen. ... Die Stunde muß kommen — und bald sogar — wo die Regierungen dem drohenden Pochen der unteren VoIksmassen gegenüber keinen anderen Ausweg finden werden, als den Pazifismus von Staats wegen zu betreiben, von Staats wegen der internationalen Organisation sich zuzuwenden.“


Alle Veranstaltungen des Friedensmuseum und viele andere aus der Region Nürnberg sind aktuell unter www.friedensmuseum.odn.de/veraplan/veraplan_druck.php zu lesen.


Ihre Redaktion der Kaulquappe des Friedensmuseums Nürnberg

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