Vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart

Ein nicht nur wegen der Seitenzahl erschlagendes Buch: 57 Autor*innen aus Europa und Nordamerika untersuchen Veränderungen des Kriegsgeschehens seit Beginn des 19. Jahrhunderts. Historiker*innen, Anthropolog*innen, Kunsthistoriker*innen, Soziolog*innen und Politikwissenschaftler*innen formulieren in streng sachlicher Sprache eine Vielfalt an Perspektiven in ihrem Blick auf die Kulturen des Krieges.

Dabei sparen sie die Kulturen der Trauer nicht aus.
Das Nachschlagewerk ist in 4 große thematische Abschnitte unterteilt: Der moderne Krieg, Soldatische Welten, Kriegserfahrungen, Kriegsfolgen.

Es folgen ein umfangreiches, chronologisches Kriegsregister ab 1775, ein Orts- und Personenregister.

Die Kapitel „Kriegserfahrungen“ und „Kriegsfolgen“ fanden mein besonderes Interesse. So fiel mir auf, dass Kriegserfahrungen von Zivilist*innen breiten Raum fanden. „Das Schweigen über Hiroshima“ wurde mit mir neuen Quellen auf Zeitzeugenberichten unterlegt. „Hunger als Waffe“ ist sowohl sachlich analytisch als auch mit eindrücklichen Beispielen aus der neueren Kriegsgeschichte beschrieben. Der Abschnitt über „Vergewaltigung als Kriegswaffe?“ ging angesichts der wissenschaftlichen Sprache und auch in Fragestellung fast an meine Schmerzgrenze. Hier hätte ich mir – wie an einigen anderen Stellen des Buches – eine Sprache der Solidarität mit den Opfern gewünscht.

Im letzten Kapitel „Kriegsfolgen“ geht es u.a. um gesellschaftliche Veränderungen durch Kriege. Soldaten und Kriegsbeteiligten wurden früher mit Denkmälern („Heldengedenken“) u.ä.geehrt. Dies verändert sich. Wiedergutmachung, Aufarbeitung der Kriegsgräuel und Entschädigung für die Breite der betroffenen Zivilbevölkerung rücken zunehmend in den Vordergrund. Eine Entwicklung, die eher hoffen lässt…

Im Vorspann des Buches heißt es „Die Beiträge lassen den Wandel des Krieges deutlich werden, verändern die Perspektive auf Zusammenhänge und Kontingenzen und legen nahe, Krieg neu zu denken.“ Es bleibt offen, wie das aussehen könnte. Meines Erachtens wäre – auch nach Lesen dieses Buches – Krieg abschaffen die beste Option!

Hamburger Edition 2020, 904 Seiten

Elke Winter

Bruno Cabanes: Eine Geschichte des Krieges